Volksschule und erweiterte Mittelschule vor 100 Jahren erstellt
Die Einrichtung eines Forums für die Einführung einer Oberstufe mit Abitur an der Wittinger IGS kann sich auf schon lange geübte zunächst private Formen der Förderung von Bildungseinrichtungen berufen.

Die kombinierte Volksschule und erweiterte Mittelschule, heute Haupt- bzw. Realschule, nahmen ihren Unterricht vor 100 Jahren auf.
Zu Beginn des 20. Jh. verhalf eine gemeinsame Aktion von Rektor Otte, dem Magistrat der Stadt Wittingen und der Unterstützung durch Bürger der Stadt dem Ort zu einem großzügigen Schulneubau. In ihm fand eine Volksschule und eine erweiterte Mittelschule ihre Heimat. Diese Schule besteht seit 100. Jahren. Bei ihrer Gründung war es die einzige weiterführende Schule im Altkreis Isenhagen.
Landwirtschaftsschulen in Steinhorst und Wittingen

Etwas später entstand eine weitere neue Schule, die Winterschule. Sie förderte die fachliche Ausbildung von Landwirten und war speziell auf deren Bedürfnisse ausgerichtet. Sie bestand bis um 1960.

In Steinhorst entstand 1911/12 aus den Mitteln der Simon’schen Stiftung ein Lehrlingswohnheim und eine vorbildliche landwirtschaftliche Ausbildungsstätte für junge Juden aus dem ganzen Deutschen Reich, um ihnen eine fundierte Ausbildung zu vermitteln. Die Einrichtung war zunächst nicht zionistisch ausgerichtet, sondern zielte auf Integration der jungen Juden in Deutschland. Erst unter dem unerträglichen Druck des Antisemitismus in Deutschland wurde die Auswanderung nach Palästina und andere Länder, wie z.B. USA, zur Fluchtperspektive, auf die die Simon’schen Schulen in Ahlem, Peine und Steinhorst die jungen jüdischen Lehrlinge vorbereiteten.
Heute steht das von dem vormodernen Architekten Heinrich Tessenow geplante Schulgebäude unter Denkmalschutz und gehört der Gemeinde Steinhorst. Deren Bürgermeister Pfeiff negiert bis heute das großartige emanzipatorische Erbe des jüdischen Bankiers Simon, seiner Lehrer und Schüler. Er wärmt sich kulturhistorisch lieber an dem deutsch-nationalen Erbe des Architekten Tessenow, das nachweislich eine starke Affinität zu den Grundüberzeugungen der Nationalsozialisten aufweist, auch wenn er nicht als aktiver Nazi-Protagonist aufgefallen war.
Eine erneute Nutzung als Bildungsstätte wurde mehrfach blockiert
Zahlreiche sinnvolle Verwertungsideen, wie zum Beispiel einer betrieblichen Ausbildungsstätte, einem Jugend- und Kulturhotel mit einer Gedenkstätte für die für Gleichberechtigung kämpfenden Juden, scheiterten an kleinkarierten Auflagen der obersten niedersächsischen Denkmalbehörde, die, ganz ähnlich dem Bürgermeister, lieber von einem UNESCO-Kulturerbe für Tessenow, als über eine Gedenkstätte für Simon und seine jüdischen Lehrlinge und Lehrer träumen.
Gero Hoffmann aus Steinhorst
Gründung eines Gymnasiums in Hankensbüttel

Die ursprünglichen Gebäude des Gymnasiums in Hankensbüttel
Auch das Gymnasium in Hankensbüttel geht auf Privatinitiative zurück. Nach 1945 firmierte es zunächst als Privatschule ohne das Recht auf eigene Abiturprüfungen. Den Status einer öffentlichen Oberschule mit eigenem Abiturrecht erhielt es erst später.
Es gibt also vorhandene erfolgreiche Bemühungen für die Umsetzung privater Bildungswünsche. Das Abitur an der IGS ist ein legitimer Wunsch. Allerdings sollte es nicht in Konkurrenz zum gymnasialen Abitur durchgesetzt werden, sondern als eine sinnvolle Ergänzung.
Kurt-Ulrich Blomberg, Pastor i.R. und Stadthistoriker in Wittingen