Wir haben im Folgenden verschiedene Schüler, prominente und weniger prominente, zum Unterrichtsstil Tessenows an der TU Berlin Charlottenburg zu Worte kommen lassen.
Julius Posener, Architekturhistoriker, nach Tel Aviv emigriert
„Julius Posener, der spätere Architekturhistoriker, konnte in Berlin bei Poelzig studieren. 1923 hatte der leidenschaftliche Lehrer (Poelzig) eine Professur an der Technischen Hochschule bekommen, und zwar neben Heinrich Tessenow, der als konsequenter Reformarchitekt einen einheitlichen Baustil vertrat. Posener berichtet: „Die einen gingen zu Poelzig, die anderen gingen zu Tessenow. Und bei Tessenow fanden sie an den Wänden und auf allen Tischen Zeichnungen, die waren bis in den Stil hinein: Tessenow! Und wenn sie zu Poelzig kamen ins Seminar, dann gab es keine zwei Entwürfe, die stilistisch einander ähnlich gesehen hätten.“ ( https://www.deutschlandfunkkultur.de/architekt-hans-poelzig-er-nahm-das-bauhaus-prinzip-vorweg-100.html )
Carl Culemann: Menschen „kneten nach seinem Bilde“
„Ein anderer Student, Carl Culemann, beschrieb die Atmosphäre … so: ‚Tessenow knetet die Menschen nach seinem Bilde, nimmt Eitelkeit, vorschnelles Selbstbewußtsein, begabtes, aber gesetzlos spielendes Gestalten, macht klein und bildungsfähig …, baut dann wieder auf. Den Architekten, wie er sein soll, gewissenhaft, sauber, klar, bewußtes Beherrschen der Form.“ Zitiert nach Magnus Brechtken, „Albert Speer – Eine deutsche Karriere“, Seite 29.
Rudolf Wolters, spätere rechte Hand von Speer
„ Rudolf Wolters … hatte ebenfalls Tessenow … gewählt. Er war begeistert von dessen Fähigkeit, ‚seine Schüler zum Einfachen, Unkomplizierten und Allgemeinen hinzuführen‘. …“. Zitiert nach Magnus Brechtken, „Albert Speer – Eine deutsche Karriere“. Seite 28. Wolters wurde später zur rechten Hand von Superminister Speer.
Albert Speer, Hitlers Vertrauter und NS-Superminister
„Auch Albert Speer spricht … mit respektvoller Bewunderung von seinem Lehrer. … ‚Er sprach mit uns nicht nur über Architektur, sondern auch über das Leben, die Liebe zur Natur, zur Landschaft und auch zum eigenen Land.‘“ Zitiert nach Magnus Brechtken, „Albert Speer – Eine deutsche Karriere“. Seite 28.
„Insbesondere die Schüler seines Professors Tessenow, dessen Ansichten in Bezug auf Baustil und Vorstellungen von Volk, Erde und Ursprung Parallelen zu den Ansichten der Nationalsozialisten aufwiesen, zog es in die NSDAP.“ (ebd.). „Den ‚Sturm auf die Hochschulen‘ der Nationalsozialisten 1929 erlebte er (Albert Speer) mit“. Die Technische Hochschule „verzeichnete … die höchsten Zuwachsraten im nationalsozialistischen Studentenbund.“ (ebd.)